Sonntag , 14 Juli 2024

Smartphones und Tablets einfacher bedienen: 3 Senioren-Apps im Vergleich

Die Bedienoberfläche moderner Smartphones oder Tablets ist für viele Senioren und Bestager nicht gut geeignet. Zu kleine Schaltflächen und Beschriftungen werden durch unverständliche Symbole und komplizierte Menubäume ergänzt. Das führt schnell zu Verwirrung und Frust. Spezielle Apps für Android- und Apple-Geräte versprechen Abhilfe und wollen die smarten Geräte „seniorentauglich“ machen.

Das ist zunächst eine philosophische Frage: es gibt bereits viele extra für Senioren angefertigte Geräte am Markt wie beispielsweise die Seniorentelefone von DORO oder auch das Senioren-Tablet von media4care. Doch muss es immer ein Extra-Gerät sein? Die Antwort der Senioren-Apps ist eine klares „Nein“! Sie versprechen, eine ähnliche Funktionalität auf handelsüblichen Geräten erzielen zu können. Wir vergleichen den etablierten Platzhirsch Asina mit dem Newcomer Lylu und dem ganz eigenen Konzept-Angebot Nepos.

Asina Launcher: Platzhirsch mit Hindernissen

 

Der Asina Launcher ist eine App des deutschen Anbieters „Borowski IT“ aus dem sächsischen Glashütte. Asina ist ausschließlich für Android Smartphones und Tablets mit oder ohne Telefonfunktion erhältlich, vorausgesetzt wird Android ab Version 7.

Leider ist Asina bis auf weiteres nicht offiziell im Google Play Store erhältlich, sondern muss manuell von der Webseite des Anbieters heruntergeladen werden. Dies ist technisch nicht für jeden problemfrei durchführbar und kann überdies zu Sicherheitsrisiken auf dem Android-Smartphone oder -Tablet führen. Bereits beim Installationsprozess von Asina tun sich also erste, nicht seniorengerechte Hürden auf – schade!

Asina- und Standard-Android-Apps werden gemischt

Wenn die Installation von Asina einmal erfolgreich durchgeführt wurde, kann die Software durchaus zu einem verbesserten Nutzungserlebnis führen: der Startbildschirm besteht aus einer einfachen, übersichtlichen Oberfläche mit großer Schrift und großen Schaltflächen, die Fehlbedienungen minimieren soll.

Asina bringt viele eigene, für Ältere angepasste Apps mit: Telefon und Kontakte, Kamera und Fotos, Internet-Browser, Vitaldatendokumentation und Medikamentenpläne, Wetter und SMS, eine Merkliste sowie Shortcuts zu Assistenzrufdiensten (wenn vorhanden) und zur Hotline des Anbieters, die allerdings nur mit einem kostenpflichtigen Abo genutzt werden kann. Schon bei den Apps kommt man recht schnell an die Grenzen des kostenlosen Angebots, so ist beispielsweise die Asina-eigene E-Mail-App nur in einem Premium-Tarif nutzbar.

Wenn die mitgelieferten Asina-Apps nicht reichen, so lassen sich problemlos weitere Apps aus dem Google Play Store installieren und als Verknüpfungen auf de, Asina-Startbildschirm anlegen. Aber Achtung: die seniorengerechte Anpassung der Bedienoberfläche entfällt natürlich bei den herkömmlichen Apps aus dem Play Store!

Asina-Abo ab drei Monaten buchbar

Das Preismodell von Asina teilt sich in eine kostenlose Version und zwei kostenpflichtige Tarife auf. Das Abo lässt sich entweder für 3 oder 12 Monate abschließen, drei Monate kosten 29,99 € (umgerechnet 9,99 € / Monat) und 12 Monate 99,- € (entspricht 8,25 € / Monat). Eine Asina Besonderheit ist die in den kostenpflichtigen Tarifen inkludierte Telefonhotline, die werktags von 10 bis 16 Uhr erreichbar ist.

Lylu App: Newcomer mit Konzept

 

Die Lylu App ist neu am Markt und wird von einem jungen Start-Up aus Darmstadt angeboten. Sie ist zur Zeit noch ausschließlich für Tablets ohne eingebaute Telefon-Funktion verfügbar und lässt sich daher nicht auf Android-Smartphones oder iPhones installieren. Für Lylu wird stattdessen ein Android-Tablet oder ein beliebiges iPad von Apple benötigt. Im Gegensatz zu Asina ist Lylu sowohl für Android wie iOS erhältlich und wird offiziell über den Google Play Store respektive den Apple App Store vertrieben. Laut Ankündigung des Unternehmens soll eine Version für Android- und Apple-Smartphones im Laufe des Jahres 2021 erscheinen.

Die Lylu App verfolgt einen wesentlich stringenteren Ansatz als Asina: sobald Lylu einmal installiert ist, können alle Funktionen innerhalb der Lylu-Oberfläche genutzt werden. Dadurch ist das Nutzererlebnis sehr stark vereinheitlicht, so dass der Senior am Bildschirm keine Bedienungs- oder Medienbrüche erfährt und stets innerhalb seiner gewohnten Umgebung bleibt.

Konsequent angepasste Bedienung

Was bedeutet das konkret? Als Beispiel sei hier der Kurznachrichten-Dienst (Messenger) von Lylu angeführt: technisch wird die App Telegram genutzt, diese wird aber für den Senior vollständig angepasst innerhalb der Lylu-Oberfläche dargestellt. Der Vorteil ist, dass jeder, der Telegram nutzt, völlig problemlos mit dem Senior kommunizieren kann, ohne selbst Lylu-Nutzer sein zu müssen. Gleichzeitig ist jedoch die Nutzung von Telegram-Alternativen wie WhatsApp oder Signal in Lylu aktuell noch nicht möglich.

Folgende Apps sind bereits innerhalb der Lylu-Oberfläche verfügbar: E-Mail mit seniorengerechter Ordner-Struktur, Messenger via Telegram, Video-Telefonie mit Zoom (soll im Mai 2021 kommen), Videos bei YouTube anschauen, Wikipedia, Kamera-App, Wetter und mehr. Jede App verfügt dabei über angepasste Symbole und Bezeichnungen, die aus der Lebenswelt der Senioren stammen. Für YouTube bedeutet dies beispielsweise, dass die Nutzer zusätzlich zur allgemeinen Suche durch voreingestellte Kategorien wie „Kochen“, „Fitness“ oder „Gesundheit“ zu entsprechenden Videos geführt werden.

Zusätzlich zu den bereits angepassten Apps arbeitet das Unternehmen an vereinfachten Online-Shopping-Angeboten und der Möglichkeit, Senioren-Alltagshelfer über eine Partneragentur stundenweise direkt aus Lylu heraus buchen zu können.

Lylu-Abo ist monatlich kündbar

Die vollständige Lylu-App ist nicht dauerhaft kostenfrei nutzbar, nur die Bereiche YouTube, Wikipedia und Shopping sind immer kostenlos. Senioren können den Dienst zunächst bis zu einem Monat ohne Zahlung testen, danach werden als Abonnement 9,99 € pro Monat fällig. Vorteil: der Vertrag lässt sich leicht monatlich kündigen. Bei einer Vorausbuchung über 12 Monate sinkt der Preis auf 8,50 € pro Monat.

Nepos: genial, aber beschränkt nutzbar

 

Das bereits 2015 gegründete Unternehmen Nepos (lateinisch für „Enkel“) verfolgt einen völlig anderen Ansatz als Asina oder Lylu: Nepos ist keine App oder Programm im herkömmlichen Sinne, sondern eine Bedienoberfläche, die vollständig innerhalb eines Browser-Fensters (z.B. Chrome, Internet Explorer, Firefox usw.) läuft. Nepos funktioniert dabei wie ein eigenes Betriebssystem wie Windows oder Linux und ist völlig unabhängig von der verwendeten Hardware.

Technisch ist das Angebot durchaus beeindruckend, da auch medienintensive Funktionen wie Video-Telefonie, Radio hören oder YouTube schauen vollständig innerhalb der Nepos Oberfläche realisiert werden. Im Vergleich zu Asina oder Lylu hat Nepos jedoch die wenigsten eigenen Apps: so gibt es zum Beispiel noch nicht mal eine optisch angepasst Wetter-App, denn auch wenn ein solches Angebot in Nepos angezeigt wird, handelt es sich praktisch nur um einen Link zur herkömmlichen Webseite „Wetter Online“.

Unerwünschte Überraschungen im Nutzererlebnis

Der aus unserer Sicht größte Nachteil von Nepos ist tatsächlich die Inkonsistenz der Benutzeroberfläche. Die Nutzer bleiben zwar stets innerhalb des Nepos-Rahmens, werden jedoch sehr schnell und ohne dass es vorher erkennbar ist auf unterschiedlichste herkömmliche Webseiten weitergeleitet. Zu schnell gehen so die Anpassungen für Senioren wie große Schaltflächen, verständliche Texte oder kontrastreiche Farben wieder verloren. Damit wird der eigentliche Zweck, die vereinfachte Bedienung, leider konterkariert.

Aber auch dort, wo es für ein herkömmliches Webangebot eine vereinfachte Bedienung gibt, greift Nepos oft zu kurz. So gibt es beispielsweise eine eigene Nepos-YouTube Anwendung mit einer sehr schönen Bedienoberfläche, deren inhaltliche Kategorisierungen jedoch extrem tief verschachtelt und unübersichtlich sind. Viele „Kategorien“ sind dann tatsächlich nur ausgewählte YouTube-Playlists öffentlich-rechtlicher Anbieter oder anderer Partner mit zum Teil mehrere Jahre (!) alten Wiedergabelisten.

Kostenfreie Nutzung dauerhaft möglich

Im Gegensatz zu Asina und Lylu ist Nepos vollständig kostenfrei. Finanzieren möchte sich das Unternehmen durch die Zusammenarbeit mit ausgewählten Partnern wie beispielsweise den Sparkassen im Bereich Online-Banking. Die Webseite des Unternehmens selbst ist sehr aussagekräftig, dort finden sich Berichte über Studien und Kooperationen mit Senioreneinrichtungen und mehr. Leider kann das Produkt am Ende nicht überzeugen.

Fazit

Von den drei hier getesteten Apps hat der Newcomer Lylu das klarste Konzept und die am besten angepasste Bedienoberfläche. Dies geht aktuell noch mit einer stark begrenzten Auswahl an Anwendungen einher, zudem ist Lylu zur Zeit noch ausschließlich für Tablets verfügbar. Eine Version für Smartphones wurde vom Anbieter bereits angekündigt. Wenn Sie heute ein Tablet suchen, dass sich von Senioren leicht bedienen lässt, dann kann ein Android- oder Apple-Gerät mit der Lylu-Oberfläche eine sehr gute Wahl sein. Durch die 30-tägige kostenlose Testphase und das stets monatlich kündbare Abo-Modell gehen die Nutzer hier kein großes Risiko ein.

Wenn Sie ein Android-Smartphone nutzen wollen und einen technik-kompetenten Ansprechpartner unter Ihren Angehörigen haben, dann kann die manuelle Installation von Asina einen Versuch wert sein. Da die eingeschränkt nutzbare Variante von Asina dauerhaft kostenlos ist, kann man sich zunächst vom Asina-Konzept überzeugen lassen, bevor man Geld ausgeben muss.

Das Angebot von Nepos ist interessant und einen neugierigen Blick wert, ist aber aus unserer Sicht für eine Nutzung im Alltag für ältere Menschen leider ungeeignet.

Zu den Angeboten

Lylu
https://www.lylu.de/

Asina
https://www.asina.de/

Nepos
https://www.nepos.app

Pflegehilfe für Senioren

One comment

  1. Super geschriebener und informativer Artikel :-). In diesen Blog werde ich mich noch richtig einlesen

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